Vortragsreihe zum Schwerpunkt Erster Weltkrieg

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Auf Einladung des Yunus Emre Enstitüsü Wien beehrte der renommierte türkische Historiker Prof. Dr. İlber Ortaylı einmal mehr die Kulturhauptstadt Wien mit seiner Anwesenheit zum Zwecke der Abhaltung zweier Fachvorträge. Der erste Vortrag fand am 12. März 2018 im Festsaal der Diplomatischen Akademie Wien unter dem Titel „Die Habsburgermonarchie und das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg” statt.

Aus einer breiten historischen Perspektive erläuterte der Historiker die Entwicklung der Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei bzw. zwischen der österreichisch-ungarischen Monarchie und dem Osmanischen Reich über eine breite Zeitspanne hinweg. Waren die beiden Großmächte im 18. Jahrhundert noch miteinander verfeindet, kämpften Sie zu Beginn des 20. Jahrhundert als Verbündete im Ersten Weltkrieg auf derselben Seite. Prof. Ortaylı nannte einige statistische Daten zu den beiden Großreichen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, folgte deren geografische Grenzen bis Kriegsende und skizzierte die wenig dominante Rolle der Habsburger. Er sprach von den bedeutenden osmanischen Paschas der damaligen Zeit und deren unterschiedliche politische Ziele, wobei sie sich dementsprechend auch den Mittelmächten gegenüber unterschiedlich positionierten. Nicht unwesentlich zu erwähnen sei auch die Tatsache, dass sich das Bündnis zwischen den Mittelmächten und dem Osmanischen Reich im Wesentlichen auf Waffenlieferungen an die osmanischen Verbündeten beschränkte und diese nicht etwa an gemeinsamer Front kämpften. Die Anwesenheit jener Befehlshaber, die an der osmanischen Front stationiert waren, beschränkte sich demzufolge auf die Überprüfung und Sicherstellung der Waffenfunktionen, wie es beispielsweise der Fall war bei General Liman von Sanders in der berühmten Schlacht von Gallipoli. Der Historiker erwähnte auch persönlichen Beziehungen und Freundschaften, die sich zwischen den Dynastien der Habsburger und Osmanen aufgetan/entwickelt hatten. Was den wissenschaftlichen und künstlerischen Austausch betraf, so hatte die französische Schule einen weitaus größeren Einfluss auf das Osmanische Reich und die spätere Republik Türkei als jene der Mittelmächte.

Im Anschluss an den vor allem von Studierenden und WissenschaftlerInnen aus dem Fachbereich Geschichte zahlreich besuchten Vortrag ergaben sich zahlreiche fachspezifische Fragen aus dem Publikum, die Prof. Ortaylı anhand detaillierter Erläuterungen bereitwillig beantwortete.

Ein zweiter Vortrag mit İlber Ortaylı fand am 13. März 2018 im Konferenzraum des Yunus Emre Enstitüsü Wien in türkischer Sprache statt. Ergänzend zu seinen Ausführungen zur Habsburgermonarchie und zum Osmanischen Reich im Ersten Weltkrieg am Vortag in der Diplomatischen Akademie Wien sprach der Historiker am Folgetag über die Schlacht von Gallipoli und deren Rahmenbedingungen. Die Schlacht von Gallipoli markierte einen Wendepunkt im Ersten Weltkrieg und hat insbesondere in der türkischen Geschichte einen hohen Stellenwert. Der türkische Historiker näherte sich den historischen Ereignissen an den Dardanellen aus unterschiedlichen Gesichtspunkten und widmete sich in diesem Zusammenhang auch einer Auseinandersetzung mit der Thematik aus heutiger Sicht. Um aktuelle politische Entwicklungen verstehen und das Aufkommen von Schwierigkeiten und Konflikten erklärbar zu machen, sei es demnach unabdingbar, sich mit Ereignissen der jüngeren und älteren Geschichte auseinandersetzen. Im Zuge des Vortrags hob Ortayli auch die Bedeutsamkeit der historischen Beziehungen zwischen der Habsburgermonarchie und dem Osmanischen Reich hervor, die heute in vielen Bereichen zwischen Österreich und der Türkei fortgesetzt werden.

Der Vortrag, dem auch Mehmet Ferden Çarıkçı, Botschafter der Republik Türkei in Wien beiwohnte, stieß unter den zahlreichen BesucherInnen auf großes Interesse.